Wo Österreichs Energie zu Hause ist: im WEINVIERTLER ERD-ÖL-DORADO

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Wo im Weinviertel das Erdöl zu Hause ist: auf Explorations-Tour rund um Gänserndorf, Matzen, Zistersdorf und die höchste „Erhebung“ des Bezirks. Ein Trip in die alte Heimat.


Die Heimat….wo deine Wiege stand. In meinem Fall waren das Erdölpumpen und Bohrtürme, soweit das Auge reichte. Die meisten davon wurden mittlerweile von neuen, er-neuer-baren Energieträgern abgelöst. Aber nicht alle. Ein Trip in die alte Heimat, back to the roots zum Erdöl ins Weinviertel.

Warum man in die Öl-Gegend im Weinviertel fahren sollte? Der Ausflug zahlt sich aus. Wer Sinn für etwas Zeitgeschichte hat, einen Lost Place sehen mag – und wunderbare Ausblicke in der weiten Ebene – der ist hier richtig.

Ausgeflogen ins Öl-Dorado: die Stationen rund ums Erdöl im Weinviertel
1. Gänserndorf: wo der Name für sich spricht
2. Matzen: wo man zwischen schwarzem und weißem Gold unterwegs ist
3. Prottes: wo ein Lost Place eine kleine Zeitreise ermöglicht
4. Zistersdorf: wo das schwarze Gold seinen Anfang nahm
5. Neusiedl: wo das Erdöl heute für Kunst steht
6. Steinberg: wo man im Weinviertel „ganz oben“ ist

die alte und die neue Energie des Weinviertels

Energie früher, Energie heute. Die Windräder rund um die Erdölvorkommen des Weinviertels haben aus der einstigen Bohrturmlandschaft einen riesengroßen Windpark gemacht. Aber die Pferdekopfpumpen halten noch immer Stellung – und ein paar Jahre werden sie sich noch im Weinviertel behaupten.

Weinviertel Erdöl

Über 75 Jahre schon wird das schwarze Gold hier gefördert, und – man glaubt es kaum – rund um Matzen sogar im größten Ölfeld Mitteleuropas.


auf Erdöl-Tour im Weinviertel

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Warum gerade im Weinviertel?

Weil sich hier an der Küste des Urzeitmeeres Sedimente ablagerten, die heute als schwarzes Gold aus tiefen Schichten herausgeholt werden.

Gerade im Zweiten Weltkrieg war die Region wirtschaftlich von großer Bedeutung: die Hälfte des Erdöls stammte aus dem Weinviertel, das sich damit zum Zentrum der Erdölgewinnung des Deutschen Reichs hochwirtschaftete. Über 400 Bohrungen wurden alleine im Krieg getätigt – die Reste sind teilweise in Form der immer noch tätigen Pferdekopfpumpen erkennbar. Nach dem Krieg kamen die Sowjets und übernahmen mit der SMV (Sowjetische Mineralölverwaltung) die Konzessionsgebiete der Deutschen.

Die Sowjets gingen, das schwarze Gold blieb – und war bis in die 70er Jahre hinein für fast die Hälfte der österreichischen Energieversorgung verantwortlich. Heute werden immer noch rund 10% durch die Lagerstätten im Weinviertel gedeckt.

Energie Weinviertel Erdöl Windkraft

Das Weinviertel dient heutzutage auch als Drehscheibe internationaler Gasnetze – man denke nur an die spätestens seit der Diskussion um die Nabucco-Pipeline bekannte Verteilstation in Baumgarten an der March.


Und das „weiße Gold“?

Ist natürlich in den Weingärten oberhalb der Lagerstätten des schwarzen Goldes zu finden, zwischen denen die Pferdekopfpumpen noch immer geduldig ihre Arbeit verrichten.

Erdöl Weinviertel

was heute noch das Erdöl-Land prägt

Das Bild aus meiner Kindheit – mit unzähligen Bohrtürmen vollgepflasterte Felder, soweit das Auge reicht – habe ich bei meinem Trip in die alte Heimat nicht mehr vorgefunden. Die Türme sind verschwunden.

Aber die Ölpumpen gibt’s nach wie vor, und davon nicht wenige. 700 sollens noch sein im Weinviertel, und viele davon stehen im Matzener Feld herum.

  • Erdöl Weinviertel
  • Erdöl Weinviertel

Neben den Pferdeköpfen zieren aber auch noch zahlreiche montantechnische Anlagen, die man als Laie meist gar nicht zuordnen kann, das Bild,: „Schiebestationen“, Gaswerke und Gasspeicher. Eine Abfackelflamme habe ich bei meinem Ausflug ins Weinviertel leider nicht mit der Kamera einfangen können – brennt diese doch nicht immer.

1. Gänserndorf: wo der Name für sich spricht

Von Wien kommend ist die erste Station im Weinviertler Erdölfeld – ein wahrliches „Gänsedorf“. Aber dazu später.

Die OMV hat rund um Gänserndorf unübersehbar ihr Quartier im Weinviertel aufgeschlagen. Erdölpumpen, die ich von früher eigentlich nur mit der Farbkombination schwarz-rot-rostig verbinde, sind hier freundlich und bunt im Corporate Design der OMV getüncht: blau/grün grüßt es von den Feldern.

OMV Pferdekopfpumpe

Die OMV ist Platzhirsch im Weinviertel. Nur noch die EVN-Tochter RAG ist übriggeblieben von den Fördergesellschaften des Zweiten Weltkriegs wie z.B. der Deutsche Erdöl AG (DEA). Die RAG („Rohöl-Gewinnung AG“, vor dem Krieg eine Tochter der späteren Mobil Oil & Shell) fördert noch heute, als Kind durfte ich noch erleben, dass man entweder bei OMV, oder Van Sickle arbeitete.

DEA Erdöl

was tun in Gänserndorf City?

Rund um Gänserndorf ist viel zu finden an Erdöl-Zeugs: Matzen hat das Ölfeld, Prottes den Erdöl-Lehrpfad, Neusiedl lockt mit Kunst, andere Orte stellen alte Erdölpumpen in ihre Kreisverkehre. Und Gänserndorf?

Gänserndorf ist kein „Gänsedorf“ im übertragenen Sinn. Denn die Gemeinde kann sich seit Jahren über Zuzug erfreuen, die gute Anbindung an Wien verbinden viele gerne mit einem beschaulichem Landleben im ruhigen Marchfeld.

Was vielmehr gemeint ist: die Stadt schmückt sich seit einigen Jahren nicht mehr mit Öl – der ehrwürdige „Bohrturm“, ein regionales „Szenelokal“, ist geschlossen. Heute bieten vielmehr die Gänserndorfer Gänse das Erlebnis für den Besucher.

Und statt im Bohrturm sitzt man neuerdings ganz chillig in der Lounge der Bäckerei Geier, der hier in der Gegend fast überall zu finden ist.

Den Weinviertler Bäcker gibt’s nicht nur in der Bahnstraße in Gänserndorf, sondern auch überall hier .

2. Matzen: wo man zwischen schwarzem und weißem Gold unterwegs ist

In Matzen regiert das schwarze Gold – in diesem „giant field“ befindet sich Mitteleuropas größtes zusammenhängendes Ölfeld. Auf rund 100 Quadratkilometern wird Öl und Gas aus 20 untereinanderliegenden Schichten gefördert.

Erdöl Weinviertel

Am OMV Erlebnisradweg kann man sich rund um dieses riesige Ölfeld zwischen Prottes, Bockfließ und dem Matzener Wald bewegen und sich an den verschiedenen Infostationen zur Erdölgewinnung schlau machen. Oder sich am Ölpumpen-Kreisverkehr in Matzen, dem Bohrturm-Park in Schönkirchen-Reyersdorf oder den „Böcken“ in Bockfließ erfreuen.

  • OMV Erlebnisradweg Matzen
  • Matzen Kreisverkehr
  • Schönkirchen-Reyersdorf alter Bohrturm
  • Bockfließ

Aber auch am weißen Gold kommt man hier vorbei – und die „weinlastigen“ Radwege des Weinviertels wie der „Zweigelt“ oder der „Traminer“ kommen einem dabei auch in die Quere.

Einstieg in den OMV Erlebnisradweg am Bahnhof Gänserndorf, Übersichtskarte hier.

3. Prottes: wo ein Lost Place eine kleine Zeitreise ermöglicht

Im Öl-Dorado des Weinviertels sind nicht nur die Bohrtürme Geschichte – auch die Lost Places sterben schön langsam aus. Wer einen solchen sehen möchte und einen Sprung in die Goldenen Jahre des schwarzen Goldes machen möchte, sollte sich noch schnell nach Prottes begeben. Den besagten Lost Place gibt’s hier nach wie vor – in Neusiedl/Zaya wurde er mittlerweile „entsorgt“.

1979 wurde der Erdöllehrpfad zwischen Prottes und Matzen errichtet, und den besonderen Charme der 80er Jahre merkt man dem Themenweg auch an. Im Gegensatz zu Neusiedl stehen hier allerdings noch tatsächlich Original-Gerätschaften herum, die man in Österreich nicht alle Tage sieht.

  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes
  • Erdöl Weinviertel Erdöl Lehrpfad Prottes

Der Weg führt auch zur Schutzheiligen der Bergleute beim Barbarakreuz, aber auch ins „Hintaus“ der Protteser Kellergasse.

Das lt. Protteser Homepage „in der westlichen Welt einzigartige Museum“ beginnt im Ortskern. Zu sehen ist u.a. der letzte von den Russen eingesetzte Raupentraktor sowie weitere 150 Exponate. Interessierte können auch Führungen im kleinen Museum besuchen (gg. Voranmeldung im Gemeindeamt).


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4. Zistersdorf: wo das schwarze Gold seinen Anfang nahm

Weiter geht’s in Richtung Zistersdorf, der „Erdöl Superlative“ des Weinviertels: nicht nur die erste, sondern auch die tiefste Bohrung Österreichs darf das kleine Städtchen für sich verzeichnen. Und zwar die für lange Zeit mit 8,5 Kilometern tiefste Bohrung ganz Europas – was ab den 80er Jahren nicht unbedeutend war, waren doch die leichter zugänglichen Erdöl-Lagerstätten bereits erschöpft.

Und tatsächlich: bereits im Matzener Wald werden links und rechts der Straße die OMV Zufahrtsschilder zu den Feldwegen von den WEB Schildern abgelöst. Hier regiert nun auch die Windkraft: wo es vorher rund um die kleinen Inseln mitten im Feld nach Öl gerochen hat, glaubt man jetzt unter den Windradln, ein Flugzeug aus aller nächster Nähe zu hören.

Tatsächlich wurde in Zistersdorf österreichweit das erste Mal Erdöl gefunden – bei der Bohrung „Windisch-Baumgarten 1“, allerdings ohne großen Ertrag.

1938 nahm dann die RAG als erstes Explorationsunternehmen am Zistersdorfer Gaiselberg die Bohrung auf. Seitdem wird hier immer noch in einer der ältesten Ölsonden weltweit Öl gefördert.

Die bunte Pferdekopfpumpe steht daher nicht unverdient im Zistersdorfer Kreisverkehr.

witzige Kreisverkehre

Für eine Pause in Zistersdorf bietet sich die einladende Konditorei vom Baumhackl am Kirchenplatz an. Fürs weiße Gold rund ums schwarze Gold empfiehlt sich auch ein Blick in den Weinviertler Heurigenkalender.

5. Neusiedl: wo das Erdöl heute für Kunst steht

Next Stop Neusiedl. Nicht am See, sondern an der Zaya. Da, wo ich aufgewachsen bin – nämlich im Nachbarort. Wo der Weg nach Neusiedl in der einen Richtung vollgepflastert war mit unzähligen Bohrtürmen, in der anderen mit vielen Pferdekopfpumpen. Für uns wars normal, für Besucher aus dem Rest Österreichs äußerst skurril.

Bis vor einigen Jahren waren noch die letzten Bohrtürme im Van-Sickle-Ölfeld zwischen St. Ulrich und Neusiedl zu finden – dort, wo tatsächlich das erste Mal in Österreich gebohrt worden war. Schon Mitte der 1910er Jahre, allerdings ohne Erfolg.

Erst später machten die Ölfelder von Richard Keith van Sickle Neusiedl/Zaya zu einer der reichsten Erdölgemeinden im Weinviertel. Das Freibad hat bis heute überlebt, das Hallenbad und der Minigolfplatz leider nicht, und auch vom Erdöl-Lehrpfad sind in Neusiedl nur noch zwei Exponate übriggeblieben. Dafür steht das Erdölmuseum aus den 1980er Jahren noch immer.


Was neu dazugekommen ist: 7 alte Fördertürme, die heute als Kunst-Installation an die alten Zeiten erinnern, als Neusiedl sich sogar einen eigenen Skilift leistete…..

Das Erdölmuseum sowie die Bohrturm-Installation befinden sich bei der Ortsausfahrt in Richtung St. Ulrich (Museum gg. Voranmeldung im Gemeindeamt).

6. Steinberg: wo man im Weinviertel „ganz oben“ ist

Ganz oben heißt hier im Weinviertel: auf 318 Metern Seehöhe. Mehr schafft die höchste Erhebung des ganzen Bezirks Gänserndorf nicht.

Steinberg Weinviertel 318 Meter

Aber trotzdem hat man beste Sicht: auf die Dörfer rundherum, auf die Grenzregionen im Norden und Osten, auf die Pollauer Berge, die Karpaten – und sogar auf den Schneeberg.

  • Steinberg Weinviertel Aussicht
  • Steinberg Weinviertel Aussicht
  • Steinberg Weinviertel Aussicht

Wo man die Aussicht am besten genießen kann? Im wiedereröffneten Gourmet-Tempel des Weinviertels hoch oben am Steinberg.

Beim „Wirt´n am Steinberg“ sitzt man nicht nur gut, sondern wird auch kulinarisch gut verwöhnt.

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